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AutorenbildNadine Nagel

Wer zu hoch pokert, kann auch verlieren

In der Bauindustrie dominiert aktuell ein Arbeitnehmer - oder Bewerbermarkt. Das bedeutet, dass sich Arbeitnehmer ihren neuen Arbeitgeber aussuchen können, je nach Region, Qualifikation und weiteren Vorstellungen. Leider führt dies in manchen Fällen aber auch dazu, dass die Angebote ausgereizt oder sehr stark gegeneinander ausgespielt werden. Und dies endet dann immer häufiger in einem anderen Ergebnis als erwünscht.

 

Warum man ein Bewerbungsverfahren nicht mit einem Bazar verwechseln sollte

Hierzu ein konkretes Beispiel: Ein Bauleiter mit mehreren Jahren Erfahrung in einer größeren deutschen Stadt ist auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Ihm ist sein Marktwert bewusst und das Gehalt spielt eine ausschlaggebende Rolle bei seiner Entscheidung für ein neues Unternehmen. Aufgrund der Projektgrößen, die er bisher betreut hat und seiner jahrelangen Erfahrung erhält er in kürzester Zeit Vorstellungsgespräche bei mehreren renommierten Bauunternehmen und Bauherrn in Deutschland. Nach den ersten und zweiten Gesprächen sind sich in mehreren Fällen beide Seiten einig ein Angebot abzugeben bzw. zur weiteren Prüfung anzunehmen.

Als ihm dann sechs Vertragsangebote vorliegen, verhandelt er bei jedem Arbeitgeber das Gehalt nochmal nach. Dabei benutzt er das Argument sie seien nicht die einzigen, die Interesse an seiner Anstellung hätten. Das zu Beginn des Bewerbungsprozesses genannte Gehalt ist dann in dem Fall schon um mehrere tausend Euro überschritten. Im ersten Schritt gehen noch alle Unternehmen diese Verhandlung mit, in der zweiten und dritten Runde steigen viele aus. Sie haben das Interesse an ihm als Mitarbeiter verloren, da es ihm ausschließlich um das Geld zu gehen scheint, und alle anderen Aspekte, wie das Team, die Struktur, die Projekte und das Unternehmen an sich egal zu sein scheinen. Sie befürchten, dass so jemand beim nächsten höheren Angebot eines Mitbewerbers das Unternehmen wieder verlässt.

Am Ende sind noch zwei Arbeitgeber im Rennen, die sich gegenseitig hochpokern lassen. Für denjenigen mit dem höchsten Gebot entscheidet er sich und unterzeichnet den Arbeitsvertrag. Bei allen anderen hinterlässt dieses hin und her einen faden Beigeschmack.

 

Geld ist nicht alles

Bereits kurze Zeit nach seinem Start im neuen Unternehmen, wo er nun sehr viel Geld verdient, wird klar, dass das nicht die richtige Entscheidung war. Die Zusammenarbeit ist sehr stressig, schlecht organisiert, Absprachen werden nicht eingehalten und der Arbeitsalltag ist eine Qual. Um dies noch weitere Jahre durchzustehen, reicht auch das Schmerzensgeld in Form des Gehalts nicht aus. Während er in der letzten Bewerbungsphase ausschließlich auf den monetären Aspekt geachtet hat, ist ihm alles andere nicht aufgefallen bzw. er hat nicht intensiv genug gefragt.

Also macht er sich noch in der Probezeit auf die Suche nach einem neuen Job. Die Probezeit ist genau dafür da, um beidseitig zu prüfen, ob man zusammenpasst und langfristig zusammenarbeiten kann. Es ist also absolut legitim sich während dieser Phase, wo man merkt es passt nicht, anderweitig umzusehen.

 

Die zweite Runde: Das Gehaltsniveau steigt nochmal

Da er sich gehaltlich nicht verschlechtern möchte, sondern im Gegenteil noch einen kleinen Anreiz zum vorherigen Arbeitgeber haben möchte und schließlich drei Monate mehr an Berufserfahrung mitbringt als noch in der letzten Bewerbungsrunde, veranschlagt er ein nochmal höheres Gehalt. An diesem Punkt werden auch wieder Unternehmen angesprochen, die in einer der vorherigen „Gebotsrunde“ ausgestiegen waren, weil sie nur knapp an zweiter oder dritter Stelle lagen. Aufgrund dieser neuen Gehaltsvorstellungen und den Erfahrungen aus der Vergangenheit rieselte es im Vorhinein von allen fünf Absagen. So begann die Suche komplett neu und bei Null.

 

Fazit und die Folgen für ihn

Große und bekannte Unternehmen werden seinen Namen für die nächsten Jahre wahrscheinlich nicht vergessen und sich an ihn als sehr geldorientierte Person erinnern. Dass das Gehalt alleine jedoch nicht alles ist und man auch weitere Aspekte betrachten sollte, hat dieser Fall sehr deutlich gezeigt.

 

"Ich hatte das schon immer und will das wieder"

Ein anderes Beispiel handelt von einem Angestellten im Bereich der technischen Gebäudeausrüstung. Über Monate hinweg fanden Verhandlungen mit einem neuen potenziellen Arbeitgeber statt. Der Arbeitnehmer selbst war bei seinem aktuellen Unternehmen äußerst unzufrieden und aktiv auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Als sich dann die optimale neue Möglichkeit ergab, fanden einige Gespräche statt. Um auch jegliche Zweifel und offene Fragen zu klären und da beide Parteien eher sicherheitsorientiert sind, dauerte der gesamte Prozess vergleichsweise lang. Beide Seiten waren sich jedoch am Ende zu 100% sicher und es stand nur noch die Vertragsunterschrift aus. Der Einsatzort, der Startzeitpunkt, das Gehalt sowie die Entwicklungsmöglichkeiten waren geklärt. Für den Arbeitnehmer bot sich eine einmalige Chance: mehr Gehalt, ein besseres Team und Arbeitsumfeld, in dem er endlich wieder zufrieden sein kann, herausragende Weiterbildungs- Entwicklungsmöglichkeiten und ein Aufgabenfeld, das er fast selbst bestimmen kann.

Doch zu der finalen Vertragsunterschrift kam es nicht. Grund dafür war das Firmenfahrzeug, das er zur Verfügung gestellt bekommen sollte. Dieses durfte sich bei der Konfiguration in einem Rahmen von 50.000€ befinden, was ihm jedoch nicht ausreichte. Er habe bisher immer einen Spielraum von 65.000€ gehabt. Da dem Unternehmen aufgrund der Konzernrichtlinien in diesem Fall keine Flexibilität zustand, lehnte der Kandidat ab mit der Aussage "Ich hatte das schon immer und will das wieder".

 

Fazit: Lieber unzufrieden statt kompromissbereit

Die neuen Möglichkeiten, das höhere Gehalt und vor allem die Chance endlich wieder glücklich zur Arbeit zu kommen, scheiterten an 15.000€ für die Konfiguration eines PKW. Oder anders gesagt an der Bequemlichkeit, fehlenden Flexibilität und falschen Prioritäten des Arbeitnehmers.

Auch nach einigen Monaten ist er immer noch bei seinem ursprünglichen Arbeitgeber tätig und es wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit nichts geändert haben.


Was Sie daraus lernen sollten

Sowohl das Gehalt als auch zusätzliche Annehmlichkeiten wie ein Firmenfahrzeug, Urlaubstage, ein Bonusprogramm oder andere vor allem monetäre Aspekte sind wichtig und sollten bei der Wahl eines neuen Arbeitgebers beachtet werden. Sie sollten jedoch niemals die weichen Faktoren vergessen. Hierzu gehören die Teamstruktur, das Miteinander, die Zufriedenheit der übrigen Mitarbeiter, Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten und das Bauchgefühl, ob Sie sich hier wirklich für die nächsten Jahre wohlfühlen.

Sobald ein Arbeitgeber merkt, dass Sie ausschließlich an der Zahl interessiert sind, die am Ende des Monats auf Ihrem Gehaltscheck steht, muss er selbst abwägen, inwiefern Sie ein ehrlicher und loyaler Mitarbeiter wären oder ob Sie beim nächstbesten Angebot wieder gehen.

 



Wir selbst haben schon einige Prozesse aktiv abgebrochen, als sich herausstellte, das das Geld die wichtigste und teilweise einzige Motivation des Kandidaten war. Genauso skeptisch reagieren wir, wenn in den ersten Qualifizierungsgesprächen fast ununterbrochen von der finanziellen Komponente gesprochen wird und der Rest "egal" zu sein scheint. Solche Kandidaten mit gutem Gewissen zu vermitteln, ist unmöglich.

 

Wenn Sie auf der Suche nach neuen Mitarbeitern sind und dabei während des gesamten Prozesses eine ehrliche Einschätzung erhalten möchten, was den Bewerber wirklich antreibt, dann melden Sie sich unbedingt.

 

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